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ALOISIUS - vom Fohlen zum Reitpferd

Angekommen: Ein neuer Kumpel

Gestern durfte Loisl wieder mal in den kleinen Offenstall hinaus. Dort hat er die Möglichkeit sich in einer kleinen Hütte unterzustellen wenn es regnet oder der Insektendruck zu groß wird. Fr. Estner hatte tatsächlich den Mut ihn mit dem Warmblutwallach "Mogli" zusammenzustellen. Mit Loisls Nachbarpferd dem Warmblutschimmel "Deadlay" hätte sie sich das sicher nicht getraut, denn die beiden hatten und haben ab und zu größere Auseinandersetzungen. Und man höre und staune: Loisl beißt tatsächlich zurück! Das habe ich bei dem Burschen noch nie beobachtet. Klar, durch den Zaun zwischen den Paddocks kann er sein Körpergewicht, seine Kraft und seine Hufe nicht einsetzen, da bleibt als einzige Gegenmaßnahme das Zubeißen. Mit Mogli war das aber anders. Loisl und Mogli standen, nachdem sie sich Tage zuvor im Stall beschnuppert hatten, ganz brav im Offenstall nebeneinander. Die beiden schienen sich erst zu ignorieren, aber dann haben sie sich doch gegenseitig die Kruppe gekrault. Natürlich freue ich mich für Loisl, dass er einen neuen Kumpel hat und nicht mehr allein stehen muss. Ich hoffe nur, dass Mogli ihm nicht an der gleichen Stelle die Mähne abbeißt wie Julischka das in Piding getan hat. Die Mähne ist doch gerade so schön am Nachwachsen...

Neue Vertrautheit

Nach fast zwei Monaten in der Box traue ich mich zu sagen, dass Loisls Umstellung von der Herdenhaltung im Offenstall zur Boxenhaltung einwandfrei geklappt hat. Der Kontakt zu Artgenossen ist auch in der Box gegeben. Loisl verträgt sich immer besser mit seinen beiden Paddock-Nachbarn und darf des Öfteren mit einem anderen Wallach auf die Koppel, wo ausgiebige gegenseitige Fellpflege oder auch mal ausgelassen wilde Tobereien stattfinden. Das frühere Leben in der Herde war für Loisl nicht nur Verbundenheit zu anderen Herdenmitgliedern, Sicherheit und Schutz, sondern hier blieb auch eine gewisse Wildheit und damit verbunden der tägliche Kampf um den Rang innerhalb der Herde und um das Futter bzw. den besten Futterplatz. Seit Loisl in der Box steht, hat unser Verhältnis begonnen sich grundlegend zu verändern - positiv zu verändern - hin zu einer unglaublichen Vertrautheit und inneren Nähe. Ich denke, in gleichem Maße wie die Wildheit nachlässt, entstehen neue Bande zwischen Tier und Mensch. Ich möchte es als eine Art "Einvernehmen", "stille Übereinkunft" oder einfach als "Einigkeit" beschreiben. Dies manifestiert sich nicht nur in der Freude mit der Loisl freiwillig in sein Halfter schlüpft wenn ich ihn abhole, sondern auch beim Putzen, wenn er ständig mit der Nase meine Nähe sucht und bewegungslos innehält wenn ich mich ihm zuwende. Das geht sogar so weit, dass er in der Reithalle mit einem fremden Reiter (z.B. meine Bekannte oder meine Tochter) auf dem Rücken ständig meine Nähe sucht. Seine Augen suchen mich und ein Ohr ist ständig auf mich gerichtet. Mittlerweile werde ich von meinen Gastreitern schon gebeten außer Sichtweite zu bleiben, weil Loisl sonst in jeder Runde bei mir stehen bleiben will. Der Schriftsteller Edgar Allan Poe sagte einmal: "Ich hatte noch nie einen Gedanken, den ich nicht in Worten zu Papier bringen konnte." Mir fällt das nicht so einfach, ich bin eben ein Techniker und kein Schriftsteller. Am Besten versuche ich es so:

Das Verlangen

wo bist du? - ich will zu dir
zu dir - mit dir - gemeinsam
für dich, um dir zu gefallen
für dich, weil du das willst
für dich, weil ich dir vertraue
für dich, um dein Lob zu erhalten
für dich, um mit dir zu sein…


Kitschig? Ja, das ist es. Aber wahr!

Kompliment mit Reiter

Heute hatte ich reit-frei, d.h. nicht ganz frei, ich musste den Reitlehrer für Julia spielen. Sie kommt mittlerweile mit Loisl absolut gut zurecht, zumindest in der Halle und auf dem Reitplatz. Selbst meine Frau hat nichts mehr dagegen, weil sie weiß, dass Loisl wirklich gut berechenbar ist und auch mit Julia einwandfrei zusammenarbeitet. Nach etlichen Runden im Schritt und im Trab übten wir das Rückwärtsrichten, kleine Wendungen und die Vorderhandwende in beide Richtungen. Selbst das Schenkelweichen funktioniert schon auf kurze Strecken. Loisl sucht bei diesen Kommandos zwar immer nach mir, führt sie aber auch unter Julia mehr oder weniger sauber aus. Zum Schluss der Reitstunde fragte ich Julia ob sie sich zutraue im Sattel sitzen zu bleiben wenn Loisl ein Kompliment macht. Sie hatte das schon oft bei Anja in Piding gesehen und hatte daher keine Angst davor. Wir stellten Loisl in die Mitte der Reithalle und Julia übergab mir ihre Gerte. Ich stellte mich rechts neben Loisl und zwar mit dem Gesicht nach vorne, damit er die Komplimenthilfe nicht mit dem Hufe auskratzen verwechseln konnte. Erst tippte ich mit der Gerte mehrfach auf das Röhrbein unterhalb des Karpalgelenks und kommandierte "Fuß auf", dann nahm ich den gehobenen Fuß stützend in die linke Hand und kommandierte "Kompliment!! - Kompliment!!". Unter ständigem Antippen des Vorderbeines oberhalb des abgeknickten Karpalgelenks und durch Julias sanften Zug an den Zügeln ging der Bursche brav ins Kompliment und ich legte sein angehobenes Bein sanft im Sand der Reithalle ab. Ich ging ein paar Schritte zur Seite und Julia, die doch noch recht stabil im Sattel saß, ließ Loisl wieder aufstehen. Das sah echt toll aus. Wir versuchten das auf der anderen Seite auch gleich und auch da machte Loisl ein wunderschönes Kompliment. Der Kraftaufwand den ich in das Abstützen seines Beines stecken muss wird allmählich auch immer weniger. Ich hoffe der Bursche lernt das auch noch ganz ohne Hilfestellung...

Kompliment

Kompliment mit Julia


Alleine ausreiten

Au weia, da hatte ich mir was vorgenommen. Es war schönes Wetter und Loisl sollte die nähere Umgebung um den Stall herum kennenlernen. Das Reitgelände des Magdalenenhof-Faber ist riesengroß. Ich wusste aus Erzählungen der Stallbesitzer, dass man ganz am Ende des kleinen Feldweges nach rechts abbiegen konnte und am Bach mit den großen Pappeln entlang bis zum Springgelände wieder zurückreiten konnte. Dazwischen lag ein wirklich riesiges Maisfeld, vor dem Loisl ja in Piding schon Angst hatte. Wahrscheinlich war der Hofhund "Kira" mal aus dem Mais herausgesprungen und hatte ihn mächtig erschreckt. Auf jeden Fall war ein Maisfeld etwas Bedrohliches für ihn. Ich hatte an diesem Tag eigentlich gar nicht vor diese Strecke mit ihm zu reiten. Ich wollte ihm nur die Hofumgebung zeigen. Auf dem Reitplatz vor dem Stall herrschte fröhliches Treiben. Es war Reitstunde und viele Eltern nutzten das schöne Wetter um bei den Reitübungen ihrer Sprösslinge zuzusehen. Ich stieg vor dem Stall auf und ging mit Loisl an den vielen Menschen vorbei in Richtung Springgelände. Je weiter wir uns entfernten, desto ruhiger wurde es um uns herum und Loisls Aufregung begann zu steigen. Mir war klar, dass ich Loisl auf jeden Fall im Schritt halten musste. Er sollte mir nicht schon wieder, wie damals am zweiten Tag in Dachau, mit einem Buckler durchgehen. Bald hörten wir von dem Treiben nichts mehr und ein Maisfeld versperrte uns auch die Sicht zurück zum Hof. Loisl prustete laut durch seine Nüstern und ging widerwillig mit hoch erhobenem Kopf und gespitzten Ohren vorwärts. Jedes Sprunghindernis und jeder Hügel schien ein potentielles Monster zu sein, das nur darauf wartete ihn anzufallen. Es war eben alles neu für ihn und das verunsicherte ihn sehr. Ich ritt mit ihm über das Springgelände und redete die ganze Zeit beschwichtigend auf ihn ein. Und in der Tat, Loisl schien mir zu vertrauen. Wir drehten am Ende des Springplatzes um und gingen schnellen Schrittes in Richtung Magdalenenhof zurück. Als der Hof, der Reitplatz und die Menschen wieder in Sichtweite waren, entspannte sich Loisl und ich musste ihn nicht mehr so stark bremsen. Wir gingen ganz bis zum Hof zurück und ich ließ ihn anhalten um kurz beim Reitunterricht zuzusehen. Als Loisl sich dann vollkommen entspannt hatte, ging ich mit ihm die gleiche Strecke noch einmal und das ging schon etwas ruhiger als beim ersten Mal. Bei einer erneuten Pause am Reitplatz fuhr Loisl wieder runter, schnaubte ab und ließ den Kopf hängen. Ich wurde dadurch mutiger und ritt mit ihm diesmal in entgegengesetzter Richtung den kleinen Feldweg hinauf. Da Loisl nicht mehr ganz so aufgeregt war, traute ich mich sogar am Ende des Weges nach rechts abzubiegen um mir mal den Rückweg am Bach entlang anzusehen. Loisl hatte irgendwie gemerkt, dass es dort wieder Richtung Heimat ging und lief daher weiter. Ich hinderte ihn nicht daran, obwohl ich merkte, dass Loisl der schmale Trampelpfad zwischen Maisfeld und Bach doch recht ungeheuer war. Er wollte gerne losrennen, aber ich hielt in im Schritt und redete mit ihm bis wir unser Springgelände wieder erreicht hatten. Das war´s also, ich hatte die Runde tatsächlich geschafft. Beim Absatteln sah ich, dass Loisl ordentlich nassgeschwitzt war. Und das war nicht nur wegen meinem Gewicht, sondern vor allem wegen seiner Aufregung. Trotzdem war das wieder ein wichtiger Schritt in Richtung eines selbstsicheren und verlässlichen Pferds. Jede dieser Aktionen und jeder Ausritt machen Loisl selbstsicherer und für den Reiter zuverlässiger. In Kürze werden wir die gleiche Runde wieder gehen und ich bin sicher, dass es dann schon leichter geht...

Alleine ausreiten

Allein unterwegs neben dem Maisfeld


Ausbinder gegen Kopfwerfen

Ich weiß nicht sicher ob es Widerwillen oder Freude ist, wenn Loisl bei jedem Angaloppieren den Kopf wild herumwirft. Dieses Kopfwerfen ist doch recht unangenehm für meine Gastreiter. Um ihm das abzugewöhnen, habe ich Ausbinder gekauft, die links und rechts zwischen Sattelgurt und Trense geschnallt werden. Beim ersten Reiten mit den Ausbindern ließ sich Loisl fast gar nicht mehr lenken. Er ist es gewöhnt sich in den Kurven sauber zu biegen und das geht mit den Ausbindern nur sehr eingeschränkt. Auch das Verlängern der Ausbinder hat da keine Abhilfe gebracht. Tatsache ist, dass Loisl die Ausbinder beim normalen Reiten im Schritt und Trab ja gar nicht braucht. Da die Ausbinder auf der Trensenseite Schnellverschlüsse zum Ausklinken haben und ich sogar vom Sattel aus gut nach vorne komme, hänge ich ihm die Ausbinder nur noch in die Trense, wenn ich vor habe zu galoppieren. Bei den ersten Versuchen hat er durchaus wieder versucht den Kopf zu werfen, aber die Ausbinder haben das doch relativ effektiv gebremst und damit ihren Zweck erfüllt. Ich hoffe aber, dass ich sie irgendwann wieder weglassen kann. Wir werden erst mal weiter damit üben und sehen in welche Richtung sich das entwickelt...

Ausbinder

Loisl mag die Ausbinder gar nicht


Auf der Waage

Wie schwer ist ein Pferd? Das war die Frage, die den ganzen Magdalenenhof beschäftigte, seit bekannt wurde, dass eine professionelle Pferdewaage kommen würde. Sicher hatte der ein oder andere Pferdebesitzer schon mal eine Schätzung vom Tierarzt oder vom Hufschmied bekommen, aber jetzt sollte eben ganz genau gemessen werden. Schnell stellte sich im Gespräch heraus, dass die Meinungen hierzu weit auseinander gingen. Also wurde eine Wette formuliert: "Wer schätzt am genauesten?" Jeder durfte auf einer ausgehängten Tabelle die geschätzten Gewichte der eingestellten Pferde eintragen. Für Loisl gingen die eingetragenen Werte weit auseinander. Von 750 kg bis 900 kg waren die verschiedensten Schätzungen abgegeben worden. Ich erinnerte mich an meinen Fahrkurs, wo wir lernten, dass ein Reit-Kaltblut knapp 900 kg wiegen würde. Also musste ich davon ausgehen, dass Loisl ein gutes Stück leichter sein musste, er hat nur 1,62 m Stockmaß ist noch nicht ausgewachsen, und so trug ich für ihn 820 kg ein. Auch die Warmblüter und das Pony schätzte ich, ausgehend von diesem Wert, nach bestem Ermessen ein.
Und dann kam der große Tag. Die Einsteller hatten sich schon früh an diesem Samstag-Morgen versammelt, da die Waage um 9:00 Uhr kommen sollte. Gespannt warteten wir auf einen PKW mit einem größeren Wiege-Anhänger, wurden aber eines Besseren belehrt, als aus einem ganz normalen Kombi zwei Holzplatten, ein Tischchen und ein Notebook entladen wurden. Auf die Frage ob das die ganze Waage sei, ernteten wir nur ein mildes Lächeln mit der Aussage: "Ja, de Meisten moanan, dass des gressa sei miast!" Über die beiden Holzplatten, die etwa so dick wie eine Europalette waren, wurde ein stabiler Teppich geworfen und schon konnte es losgehen. "Wer is da Erste?" war die Frage, aber keiner meldete sich. OK sagte ich, ich fange an. Mal schauen, ob Loisl sich da freiwillig draufstellt. Brav lief mir der Bursche von der Box bis zur Waage hinterher. Dort versuchte ich wieder mal mit aller Selbstverständlichkeit und ohne Rumgetüddele (ein norddeutscher Ausdruck ?) auf die Waage zu steigen. Ganz kurz wurde ich von Loisl eingebremst, weil er an dem Teppich schnuppern wollte, dann stellte er sich auf die Platte und ich ging auf der anderen Seite wieder runter. Nach drei Sekunden war die Messung beendet: "Danke, woilln´s es glei wissen?" "Hm, - ja!" "Siemhundatsechsazwanzg`!" (In Worten: 726 kg) Hoppala, so weit verschätzt!? Loisl stieg von der Waage wieder runter und lief mit mir zur Box zurück. Ich hörte im Weggehen nur noch: "Ja, dees is hoid a Koidbliata, do geht des hoid." Das Warmblut "Mogli" kam mir schon entgegen und sollte als nächstes gewogen werden. Zwischenzeitlich stellte ich Loisl in seine Box und lobte ihn noch ausführlich. Als ich nach einer Weile zur Waage zurückkam, bot sich mir ein skurriler Anblick. Martina, die sich einige Tage zuvor bei einem Sturz von Mogli das Becken und die Schulter gebrochen hatte, versuchte auf einem Bein hüpfend (auf der Seite ohne Beckenbruch) ihren Mogli auf die Waage zu buchsieren. Ihre Tochter, die das Vorhaben zuvor schon nach ein paar Versuchen abgebrochen hatte, stand hilfebereit daneben. Aber Martina schaffte es und Mogli stand, zwar hoch erregt, aber seinem Frauchen zu liebe doch recht ruhig, auf der Waage. Martina ließ sich dann wieder in ihren Rollstuhl fallen. Ich gehe mal davon aus, dass ihr dieser Einsatz doch ganz schön weh getan hat, da die Brüche noch relativ frisch waren. Auch die anderen Warmblüter und das Pony ließen sich mit mehr oder weniger Aufwand und Geduld zum Wiegen überreden. Das Ergebnis unserer Wette war ernüchternd, die Meisten hatten zu hoch geschätzt. Die Warmblüter lagen bei 620 kg bis 650 kg, das Pony hatte genau 300kg und Loisl, als einziger Kaltblut-Vertreter, hatte mit seinen 726 kg gut 100 kg weniger als ich geschätzt hatte...

wiegen

Loisl auf der Waage


Wiegekarte
726 kg, da steht es blau auf weiß





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