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ALOISIUS - vom Fohlen zum Reitpferd

Wer ist hier der Boss?

Ich wollte Loisl von Anfang an so viele neue Eindrücke wie möglich vermitteln. Die Gelassenheit und Furchtlosigkeit eines Pferdes kann nur durch seine selbst gemachten Erfahrungen entstehen und wachsen. Nachdem ich also mit Loisl ein paar mal auf der Wiese und auf dem Reitplatz Führ- und Gehorsamkeitsübungen gemacht hatte, beschloss ich mit ihm raus zu gehen. Sicher, das stellte schon ein gewisses Risiko dar: Kein Zaun mehr, der das tobende Fohlen aufhalten würde, wenn es sich losreißt und keine Herde in Sichtweite, zu der es zurücklaufen könnte, um sich in Sicherheit zu bringen! Aber schließlich hatte auch Anja mir geraten kleine Spaziergänge mit ihm zu machen. Daher wollte ich es einfach mal versuchen.
Führen
Ich legte ihm sein Stallhalfter an und nahm zur Unterstützung eine Gerte mit. Die Gerte hielt ich immer quer vor seine Schnauze, wenn er mich überholen wollte. Erst meinte er, das sei ein neues Spiel und biss in die Gerte hinein. Nach einem Klaps auf die Nase und einem deutlichen Tadel schnupperte er nur noch daran und hielt sich tatsächlich schön brav dahinter. Der Spaziergang funktionierte ganz gut, Loisl ließ sich einigermaßen gehorsam führen. Damals war er noch nicht so groß und schwer und ich war in der Lage mit meinem Gewicht noch etwas gegen ihn auszurichten, heute schaue ich da alt aus ;-) . Am Ende der langen Hofzufahrtsstraße ließ ich ihn am Wiesenrand etwas Gras fressen. Von Anfang an machte ich ihm klar, dass dann gefressen wird wenn ich es sage und nicht wenn er das will. Auf das Kommando "Komm, komm!" hatte er mit dem Fressen aufzuhören und mitzugehen. Wie jedes Kleinkind versuchte er natürlich seinen Kopf durchzusetzten, aber das ließ ich, zwar ohne Gewalt, aber doch sehr bestimmt, nicht zu. Als in der Ferne ein Auto auftauchte, ging ich mit ihm ein paar Schritte in die Wiese, um einen gewissen Sicherheitsabstand zur Straße zu haben. Loisl betrachtete das als Erlaubnis zum Fressen und widmete sich dem saftigen Gras, ohne das Auto aus den Augen zu lassen. Als jedoch das Auto an uns vorbeifuhr, machte er einen gewaltigen Satz und versuchte sich von mir loszureißen. Ich hing mit aller Kraft an seinem Führstrick und versuchte mit meinem gesamten Körpergewicht das sich aufbäumende Fohlen zum Boden zurückzuholen... - Ich hab es gerade noch so geschafft, das war echt knapp. Loisl beruhigte sich nur langsam. Das Auto war schon längst vorbei, da schnaubte er endlich ab und fraß weiter. Eigentlich hätte ich gesagt, dass er sich nur erschrocken hatte, aber er hatte das Auto ja auf uns zukommen sehen. Der Rückweg war sehr unruhig, ich wusste nicht ob ich Loisl halten können würde. Ich versuchte trotzdem Ruhe auszustrahlen und ihn unter Kontrolle zu halten. Jedes mal wenn er mich überholen wollte, drehte ich schnell eine Volte mit ihm, was ihn zumindest für kurze Zeit wieder einbremste. Als er dann losgaloppieren wollte und mich fast umriss, wurde es mir zu bunt. Ich musste die Gerte jetzt wirklich kräftig einsetzen, ich brüllte ihn an und riss an seinem Führstrick. Er unterwarf sich. Er tänzelte noch ein bisschen herum, aber ich konnte ihn halten und führen. - Dieser Führungsstiel war mir sehr zuwider. Pferde unterwerfen sich zwar rabiaten Zeitgenossen, erkennen sie aber nie und nimmer als echten Führer an. Für Pferde muß ein Führer selbstsicher, ja souverän sein und kein rabiater Schläger. Würde mir Loisl das krumm nehmen? Als er sich beruhigte und brav neben mir herlief lobte ich ihn deutlich und tätschelte seinen Hals. Er entspannte sich, sein Kopf ging nach unten und er schnaubte ab. Als ich ihm im Freilauf das Halfter abnahm, drückte er seine Nase an mich und blieb noch eine Weile mit Körperkontakt bei mir stehen. War das eine Entschuldigung? Oder ein "Lass uns doch wieder gut sein!"? Ich kraulte seine Mähne, bevor er dann zum Tränkebecken entschwand...


Ich bin stärker wie Du!

Cavaletti-Übungen

Cavaletti-Übungen

Neben dem reinen Führen und Spazierengehen, begann ich schon sehr bald mit kleinen Cavaletti-Übungen. Ich führte Loisl und er ging brav über verschieden hohe Cavalettis oder mit Stangen aufgebaute Labyrinthe hinterher. Auch einen mit Plastikkegeln aufgebauten Slalom ging ich immer wieder mit ihm; eine sehr schöne Übung, um das Rechts und Links beim Führen zu üben. Während man beim Bogen nach links ja einfach am Führstrick ziehen kann, muß man für den Rechtsbogen mit der rechten Hand gegen den Kopf des Fohlens drücken um es nach Rechts zu lenken. Etwas später kann man dann mit der linken Hand vor dem Pferdekopf nur noch nach rechts zeigen, aber so weit war Loisl noch nicht. So lange wir das alles im Schritt machten, lief Loisl lammfromm hinter mir her, ohne dass irgend ein Ziehen am Führstrick nötig gewesen wäre. An der gegenüberliegenden Geraden wollte ich mit ihm zurücktraben und den Parcours von vorne beginnen. Loisl hatte das Kommando "Teeeerabb!" noch nicht gelernt und ich musste sehr stark am Führstrick ziehen um ihn zum Laufen zu animieren. Auf ein Schnalzen mit der Zunge reagierte er dann aber doch. Er sprang hoch und trat mit dem linken Hinterhuf nach vorne in meine Richtung bevor er losgaloppierte und sich losriss. Ich konnte den Führstrick nicht mehr halten, - bevor er mich umriss, ließ ich lieber los. Er raste über den ganzen Reitplatz und drehte mir als ich hinter ihm hergerannt kam seine Hinterseite zu um auszuschlagen...

Labyrinth

im "Labyrinth"

"Sooo nicht mein Bursche!" Ich ging ruhig aber bestimmt im großen Bogen um ihn herum und nahm ihn wieder am Führstrick. Wir gingen über die Cavalettis und durch das Labyrinth, ohne Probleme. Dann, an der langen Seite des Reitplatzes, der Versuch erneut gemeinsam zu traben. Ergebnis: Das gleiche wie vorhin. Loisl riss sich mit einem Tritt in meine Richtung los und galoppierte davon. Er hatte mich nicht getroffen aber ich konnte ihn beim besten Willen nicht halten. Selbst als ich ihm über die Nase eine Kette in den Halfter einschleifte, war er unmöglich zu bremsen. Ich hätte ja nun gerne das pauschale Urteil abgegeben, dass es sich einfach um ein junges und unerzogenes Fohlen handelt, das eine Zusammenarbeit (noch) verweigerte, aber es war erstaunlich wie willig Loisl im Schritt mitarbeitete. Das ging sogar so weit, dass er ohne Führstrick, also völlig frei, hinter mir über die Cavalettis und durch das Labyrinth ging. - Also was war das Problem? Wollte er nur demonstrieren, dass er der Stärkere war?



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