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ALOISIUS - vom Fohlen zum Reitpferd

Reitexperimente: Loisl im Beritt

"Mariette", die Frau mit der gewaltigen Stimme, ist die Reitlehrerin meiner Bekannten. Mariette als bestimmten und durchsetzungsfähigen Typ zu beschreiben, wäre mächtig untertrieben. Schon ein paar Mal hatte meine Bekannte auf Loisl eine Reitstunde bei Mariette "genossen". Danach waren sie und Loisl klatschnass geschwitzt. Für meine Bekannte war das trotzdem "der totale Wahnsinn". Ich war stolz, dass das so gut funktionierte und Loisl sich auch von fremden Reitern so gut reiten ließ. Nun ja, alles was Loisl konnte, hatte er von mir gelernt. Nun bin ich aber kein Profireiter mit großer Pferdeerfahrung, sondern nur ein, sagen wir mal "relativ stabil sitzender" Freizeitreiter, ohne höhere Ambitionen. Seit längerer Zeit schon versuchte ich Loisl zu einem ruhigen, versammelten Galopp zu bekommen, der mir dabei aber stets in den Trab zurück fiel. Für Loisl war Galopp keine Schrittart, sondern ein Tempo und zwar das Maximaltempo. Also benutzte ich die Gelegenheit Loisl bei Mariette in Beritt zu geben. Am Sonntag-Morgen war es dann so weit. Ich ritt Loisl in der Halle schon mal warm. Obwohl Mariette eine Verspätung angekündigt hatte, war sie pünktlich da und übernahm Loisl. Die Frage meiner Bekannten, "Kriegst Du die Beine so weit auseinander?", quittierte sie nur mit einem "Ja, da sitzt man schon breiter, da muss man sich dran gewöhnen." Tatsache ist, Mariette sitzt im Sattel wie ein Profi, der sie ja auch ist. Nach wenigen Runden im flotten Schritt, ging sie mit Loisl in einen Trab über, der meine Bekannte staunen ließ: "So läuft der doch bei mir nicht; schau Dir das an wie der läuft; das ist ja der Wahnsinn, ist das ein tolles Pferd!" Ja, das sah wirklich gut aus und dann kam der Galopp. Meine Bekannte bekam sich gar nicht mehr ein. Der Bursche galoppierte und galoppierte. Natürlich musste Mariette die Gerte als "Überzeugungshilfe" einsetzen, aber genau das aktivierte seine Hinterhand und sie konnte einhändig reitend den Galopp wunderschön aussitzen. Das war wirklich ein toller Anblick! Als Loisl nach etlichen Runden schon relativ KO war, wurde der Galopp auch immer ruhiger. Hinterher holte ich mir Mariettes Einschätzung. Sie glaubt, dass er dieses Mindesttempo noch braucht um sich ausbalancieren zu können. Die Power kommt schön aus der Hinterhand und am Maul muss man fast nichts machen, da ist er herrlich empfindlich und macht alles auf die leichteste Einwirkung mit. Ich soll ihn ruhig so weiterreiten, das mit dem ruhigeren Galopp kommt dann schon. Die Frage meiner Bekannten, ob sie nicht finde, dass er toll an den Hilfen steht, hat sie mit einem Lob an mich bejaht: "Gut gemacht, weiter so!" Na dann...

Beritt durch Mariette

Beritt durch Mariette, echt hart für Loisl!


Nach dem Beritt

Gleich am Montag nach der Berittstunde ließ ich Loisl nur ein bisschen an der Longe laufen. Ich merkte, dass er wenig Lust auf Galoppieren hatte und ließ es dann bei einem lockeren Trab bleiben. Doch dann am Mittwoch-Nachmittag wollte ich wissen, ob sich etwas verändert hatte. Ich war mit Loisl ganz allein in der großen Reithalle und weil fast noch niemand da war, war es sehr ruhig und Loisl konzentrierte sich voll und ganz auf mich. Ich will jetzt zusammenfassend nicht sagen, dass das ein vollkommen neues Reiterlebnis war, aber ich merkte doch kleine Unterschiede zu sonst. Zum einen war da der fleißigere Schritt, der sich durch beherztes Anlegen der Beine mächtig intensivieren ließ und das ganz ohne Gerte. Zum anderen fühlte sich der Galopp ruhiger an, Loisl versuchte nicht mehr auf der langen Geraden noch mehr zu beschleunigen, sondern lief recht gleichmäßig und konzentriert. Es war möglich ihn im Galopp zu lenken und mal einen Zirkel und dann wieder ganze Bahn zu reiten. Um im Galopp zu bleiben - wir ritten immerhin 6 ganze Runden am Stück - war es nicht mal nötig die Gerte einzusetzen. Nur mit einem "Hepp" ging es Runde um Runde weiter. Schon beim Angaloppieren war mir aufgefallen, dass er "stufenlos" vom Trab in den Galopp überging. Da war kein Kopfwerfen und kein aufbäumender erster Galoppsprung, ja ich merkte den Übergang vom schnellen Trab zum Galopp erst gar nicht! Wow, das war ein angenehmes Reiten. An manchen Tagen funktionierte das halt einfach. Funktionierte das heute so gut weil Loisl im Beritt war? Bleibt das nun so angenehm? Für mich war das einfach perfekt...

Nachtrag:
Es gibt zwei Dinge nachträglich zu berichten:
1. Andere Einsteller haben mir berichtet, dass Loisl nach der Berittstunde und nachdem ich weg war für fast zwei Stunden in seiner Box im Stroh lag und sich sogar mit Futter nicht zum Aufstehen verleiten ließ.
2. Ja, es ist so geblieben. Der Beritt ist jetzt drei Wochen her und Loisl galoppiert ganz ruhig an und muss auch nicht mehr mit Höchstgeschwindigkeit galoppieren. Selbst meine Tochter und meine Bekannte trauen sich jetzt wieder zu galoppieren. Einfach super!


Rückwärts einparken

Jeder Reiter, der im Gelände und im Verkehr unterwegs ist, muss schon in Bezug auf die eigene Sicherheit sein Pferd bestmöglich unter Kontrolle haben. Dazu gehören auch solche Kleinigkeiten wie das Ausweichen, seitliches Verstellen (Seitgang) oder das Rückwärtsrichten, weil eben auch Spaziergänger, Radfahrer, Autos oder landwirtschaftlicher Verkehr auf unseren Reitstrecken unterwegs sind. Schon des Öfteren musste ich Loisl seitlich in eine Einfahrt buchsieren, damit ein entgegenkommender Traktor vorbeifahren konnte. Als wir z.B. für den Georgi-Ritt in der Altstadt von Traunstein Aufstellung nahmen, wurde es gewaltig eng, als ein Anlieger ausgerechnet da mit dem Auto durch die engen Gassen fahren musste. Anja stellte ihren Ferdinand einfach parallel im Seitgang nach links zur Seite und ich folgte ihr mit Loisl, der sich das von Ferdinand abgeschaut hat. Ich war ganz überrascht, dass er das konnte und lobte ihn. Anja meinte nur: "Natürlich konn er des, ma muaß ihm nur zoang wos ma wui!" Ich versuche diese kleinen "Agility-Übungen" in jede Reitstunde mit einzubauen. Für die Zuschauer wird das z.B. besonders eindrucksvoll, wenn man sich eine Garage zum rückwärts Einparken baut und das Pferd dort rückwärts "hineinrangiert" (siehe Film). Für Loisl war diese Übung anfangs gar nicht so leicht, weil er beim Rückwärtsrichten immer schief wurde und nach links oder rechts ausbrach. Mit der Zeit hat es aber ganz gut geklappt, nicht zuletzt weil sich Loisls Hinterhand immer besser lenken lässt. Gerade gestern habe ich eine andere schöne Übung gesehen: Auf dem Pferd sitzend rückwärts über einen am Boden liegenden Balken steigen. Das probiere ich demnächst mal mit Loisl. Erst mal vom Boden aus und dann im Sattel...

rückwärts einparken
Video: Rückwärts einparken


Seitgang über den Balken

Dem oberen Abschnitt ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich möchte nur noch kurz auf den Seitgang eingehen, denn bei dieser Übung vom Sattel aus brachte mich Loisl schier zur Verzweiflung. Dann übten wir das mit Hilfestellung am Boden. Ich legte einen Balken auf den Boden und Julia stellte Loisl neben den Balken. Während Julia nun die Hinterhand zur Seite drückte, führte ich die Vorderhand am Zügel mit und so bewegte sich Loisl seitlich über den Balken, was wir mit viel Lob quittierten. Wir übten das in drei Reitstunden, jeweils in beide Richtungen und jetzt kann der Bursche das einwandfrei auch ohne Balken...

Seitgang über den Balken
Video: Seitgang über den Balken



Loisl als Springpferd

Die Anfänge
Ja, das ist schon richtig, es ist eindeutig zu früh für Loisl mit dem Springen anzufangen. Erst mit etwa 6 bis 7 Jahren sind die Gelenke ausgewachsen und stabil. Trotzdem wollte ich dem Burschen beibringen, dass es weniger Arbeit ist über ein Hindernis zu springen als darüber zu klettern. Und ein intensives Sprungtraining würde ich mit Loisl sowieso nie machen, dafür gibt es grazilere Pferde als ein Kaltblut ;-). Ich legte also im Longierzirkel ein Cavaletti auf den Boden, das ich Stück für Stück höher machte. Anfangs stieg Loisl noch ganz umständlich darüber, aber schon bald wurde aus dem behäbigen Darübersteigen ein schwungvoller Hupfer. Mehr muss Loisl im Moment gar nicht können...

Erster Hupfer
Video: Erster Hupfer übers Cavaletti



Jetzt geht´s los
Es ist mittlerweile Winter 2015/16 und Loisl ist über 5 Jahre alt. Er war nun mehrmals bei Mariette auf dem Magdalenenhof in Dachau im professionellen Beritt und eines Sonntags eröffnete uns Mariette ganz überraschend, dass sie am nächsten Sonntag mit Loisl "springen" will. "Der ist so gut, der macht das schon", war ihre Begründung. Ja, in der Tat war er mit Mariette eine absolute Augenweide: Schnell, konzentriert und folgsam folgte er den kleinsten Hilfen. Mariette hatte wieder nur lobende Töne für ihn, - klar, dass sie den Schwierigkeitsgrad nun steigern wollte. Aber gleich springen? Das hatte Loisl mit Reiter noch nie gemacht. Wir hatten nun eine Woche Zeit ihn wenigstens ein bisschen darauf vorzubereiten. Wie schon vor zwei Jahren auf dem Klingerhof in Piding ließ ich den Burschen etwas an der Longe laufen und wir legten ihm einen Balken in den Longierkreis. Schon im Schritt krachte er jedes zweite Mal mit einem oder mehreren Hufen dagegen. Nein, "graziös und elegant" sieht anders aus. Im Trab wurde es dann in der Tat etwas besser, aber immer noch nicht fehlerfrei. Schließlich stellten wir Kunststoff-Cavalettis unter den Balken, so dass dieser gute 30 cm hoch über dem Sand der Reithalle lag. Nicht hoch für ein so großes Pferd, aber scheinbar doch zu hoch für Loisl. Der Bursche räumte den Balken im Schritt und im Trab runter. Das Problem war, dass er versuchte darüber zu steigen statt darüber zu springen. Es brauchte viel Überredungskunst Loisl zum Galopp zu bewegen, aber siehe da, ein kleines Sprüngchen gelang. Er war nun einfach zu schnell um in seiner gemächlichen Art über den Balken zu steigen und so blieb ihm nichts Anderes übrig als darüber zu springen. Entgegen meiner absoluten Überzeugung, bekam er aber für jeden erfolgreichen Versuch ein Stückchen Gelberuam (Karotte) und natürlich ein großes Lob...

Über das Cavaletti
Video: Vorübungen über das Cavaletti




Und jetzt wird´s ernst
Es ist Frühjahr 2016 und Zeit, dass Loisl auch mit Reiter über ein kleines Hindernis kommt. In der Sonntagsstunde bauten wir ein Mini-Hindernis auf und Mariette buchsierte den noch recht unsicher wirkenden Burschen darüber. Sie ließ ihn erst im Trab auf das Hindernis zulaufen und dann mit einer kräfigen Galopphilfe darüberspringen. Zugegeben, wir haben erst ohne Balken geübt, dann den Balken auf den Boden gelegt und erst im dritten Anlauf die gekreuzten Balken verwendet. Nicht selten quittierte Loisl seine ersten Sprünge mit einem nachfolgenden Freudensprung, den Mariette aber problemlos aussitzen konnte. Speziell beim Video mit dem Doppelsprung sieht man mal, wie hoch ein Kaltblut seine Hinterbeine werfen kann!

Erster Doppelsprung
Video: Loisls erster Doppelsprung




Freihändiger Trab und Galopp

Ein neuer Beweis dafür, dass meine Reitbeteiligung Viktoria eine hervorragende Wahl war, ist das Video von ihrem freihändigen Ritt auf Loisl. Wer den Film "Ostwind" schon mal gesehen hat, der kennt die Szene, in der das Mädchen mit ausgebreiteten Armen auf ihrem Pferd Ostwind zu fliegen scheint. Was so leicht aussieht, ist in Wirklichkeit ein schwieriger Balanceakt, bei dem man sehr viel Vertrauen zu seinem Pferd haben muss. Leider habe ich kein Video vom Galopp ohne Sattel, auch das bekommen die beiden schon hin. Und wenn Viktoria noch freihändig ohne Sattel galoppiert, ist sie filmreif! Tja, Loisl hat Viktoria eben nicht nur akzeptiert, sondern in sein großes Pferdeherz geschlossen und deshalb funktioniert das alles...

Freihändig
Video: Freihändig im Trab und im Galopp





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