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ALOISIUS - vom Fohlen zum Reitpferd

Gewonnen!

Egal, da musste ich jetzt durch. Die Hauptsache war: Ich hab gewonnen, Nummer 35 gehört mir! Eine freundliche Dame kam an meinen Platz und befüllte ein Formular mit meiner Adresse aus dem Personalausweis. "Nach Auktionsende bitte erst im Veranstalterbüro bezahlen, dann bekommen Sie einen Schein mit dem Sie das Fohlen rausbringen dürfen." Auch einen Blumenstrauß und einen Putzkasten habe ich bekommen, die ich dann mit mir rumschleppen musste. Als die Dame fertig war, stand einer der beiden letzten Mitbieter bei mir und fragte, ob 35 zur Zucht verwendet wird und wo, d.h. auf welchem Hof er denn stehen würde. Er und der zweite Mitbieter, der dann auch noch kam, waren sehr enttäuscht, dass 35 nur ein Freizeitpferd wird und noch dazu zum Wallach gemacht wird. Die Auktion ging unterdessen weiter, bis auch alle Kaltblutfohlen versteigert waren. Bei einigen gab es bei 400,- Euro kein Gebot, nur das des Metzgers. Heide, sie ist Anjas Mutter, hätte am liebsten alle gekauft: "Die tun mir so leid!" Man muss sich klar sein, dass die Bauern, Züchter und Fleischverarbeiter das Pferd als Ware betrachten und nicht als "liebes Streicheltier", wie wir Pferdenarren.


Bezahlen und Versichern

Im Auktionsbüro standen die erfolgreichen Bieter an, um ihre Fohlen zu bezahlen. Ein Herr im dunklen Anzug, was auf so einer Auktion ein eher ungewöhnlicher Kleidungsstil ist, kam auf mich zu und erklärte mir, dass mein Fohlen für die ersten paar Wochen noch "lebensversichert" sei, ich aber für später die Versicherung verlängern müsse. Eigentlich müsste man das ja "Sterbeversicherung" nennen, denn Geld gibt es von der Versicherung nur, wenn das Fohlen sterben sollte. Mir war sofort klar, dass ich so was nicht will. Wenn 35 aus irgendeinem Grund sterben sollte, dann wollte ich richtig traurig sein und nicht händereibend eine Prämie kassieren. Aber zum Thema Versicherung gibt´s noch ein eigenes Kapitel. Das ist nämlich schon ein wichtiges Thema! Ich war an der Reihe. Mit Steuern und Gebühren musste ich knapp 1.400,- Euro bezahlen. Ich erhielt eine Besitzurkunde, die schon mit meiner Adresse befüllt war, einen Equidenpass und den Freigabeschein, um überhaupt mit dem Fohlen die Halle verlassen zu dürfen. Nun konnte ich also mein Fohlen nehmen und heimgehen? Na ja, ganz so einfach war es nicht.


Heimtransport mit Hindernissen

Pressefoto
Bis zu diesem Augenblick war 35, alias Loisl, noch keine Minute von seiner Mutter getrennt. Der Verkäufer führte die Stute mit dem Fohlen aus der Halle und eine aufdringliche Dame von der hauseigenen Presse wollte noch ein Foto machen. Ich habe mich geweigert den Blumenstrauß in die Hand zu nehmen und wir haben uns darauf geeinigt, dass der Putzkasten reicht. Später konnte ich mich in einem Artikel vom Regionalverband Oberbayern bewundern und war dann natürlich tierisch stolz.
Bericht von den Fohlenauktionen 2010 im PDF-Format.


Einladen und weg!
Jetzt aber stand der Transport nach Hause an. Mir wurde in dem Moment gar nicht bewusst, was das für Loisl bedeutete: Trennung von der Mutter, mit der er bisher jede Minute seines Lebens verbracht hatte. Alleine in einen dunklen und fremd riechenden Hänger gesperrt, gab es für ihn nur eines: Raus! Anja, mit ihrem riesigen Pferdewissen, war das klar. Klappe zu und losfahren – ich hatte gerade noch Zeit, dem Verkäufer die Hand zu schütteln und musste dann ins schon rollende Auto springen. "Nur nicht stehenbleiben und ruhig ein bisschen bremsen, Gas geben und Kurven fahren. So lange der Bursche mit Ausbalancieren beschäftigt ist, kann er nichts Dummes anstellen!" Gut dass ich Anja hatte, von all dem hatte ich ja bis dahin keine Ahnung. Der Verkehr lief einigermaßen, trotzdem hat man im Auto hinter uns einen Huf über der Ladeklappe gesehen. 35 muss ganz schön getobt haben. Und dann eine rote Ampel, so ein Mist! Anja hat frühzeitig gebremst um nach vorne Platz zu haben und langsam mit ständigem leichten Kurvenfahren weiter rollen zu können. Leider haben das die Autofahrer hinter uns absolut missverstanden und mit lautem Gehupe überholt, um sich vor uns zu stellen. Idioten! Kurz bevor wir stehen bleiben mussten, wurde die Ampel grün. "Danke heiliger Christophorus, du Schutzpatron der Autofahrer!" Der restliche Heimweg war nur von ein paar Klopfgeräuschen aus dem Pferdehänger begleitet, sonst lief es gut. Mir war ein bisschen schlecht, weil Anja ständig abgebremst und wieder beschleunigt hatte. Aber das war gut so.


Komplett nassgeschwitzt

Loisl & Ramazzotti im Galopp
Im Hof angekommen wurde die Klappe geöffnet und ein komplett nassgeschwitztes Fohlen ausgeladen. Wir ließen den tropfenden Burschen auf einer eigenen Koppel frei und stellten Ramazotti dazu, den die große Aufregung des Neulings ansteckte und der sofort mit ihm um die Wette galoppierte. Klar, diese Menge von Adrenalin musste wieder abgebaut werden. Immer wieder kam Loisl an das Koppelgatter und wieherte auffordernd in Richtung des Pferdehängers, um seine Mutter aufzufordern doch auch auszusteigen. Aber sie kam nicht...

Loisl ruft seine Mama
"Mama!"

Langsam wurde mir klar, was dieses Fohlen jetzt wohl fühlen musste. Dieses Wiehern war herzzerreißend. Loisl beruhigte sich kaum aber beschnupperte erst mal Ramazzotti. Der war etwas ängstlich und begann zu kauen, was bei Pferden eine Unterwürfigkeitsgeste ist. Um etwas Ruhe auf die beiden zu übertragen, wollte Anja ein altes, erfahrenes Pferd mit auf die Koppel stellen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Der alte Wallach wollte Ramazzotti gegen den Neuen verteidigen und ging beißend auf Loisl los. Au backe, schnell wieder runter mit dem Alten! Nach einer Stunde begannen die beiden dann doch zu grasen. Loisl immer noch sehr nervös und hektisch, aber immerhin, er fraß!
Ich hatte mir für diesen Tag Urlaub genommen, aber ich konnte jetzt nicht heimfahren. Ich beschloss meinen Chef anzurufen, und um einen weiteren Urlaubstag zu bitten. Ich glaube das war die beste Entscheidung, die ich für Loisl und mich treffen konnte. Zum Einen stellte ich sofort eine konzentrierte, persönliche Beziehung zu ihm her, zum Anderen wollte ich ihn ein bisschen trösten. Er dankte mir dies, indem er immer wieder zu mir kam und mich sanft mit der Nase berührte und sich dankbar von mir anfassen ließ. Er wollte gar nicht mehr weggehen. Ich wusste, das war der Beginn einer wundervollen Freundschaft.



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