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ALOISIUS - vom Fohlen zum Reitpferd

Einspännig? - Ganz einfach!

Es war ein wunderschönes Herbstwochenende im Oktober. Nach anstrengen Gartenarbeiten (so ist das halt im Herbst), fuhr ich mit meiner Frau nach Piding, um mit Loisl und Julinka zweispännig Kutsche zu fahren. Es sollte für Loisl das zweite mal sein, dass er vor die Kutsche gespannt wurde und für mich das erste mal, die beiden wirklich "selbst zu fahren"! Die Enttäuschung war groß, als ich in Piding erfuhr, dass an diesem Tag Kaminkehrerfest war(?) und Julinka gebraucht wurde um dort mit Ferdinand zusammen den Bürgermeister zu kutschieren. Die wenigsten Pidinger sind mit diesem Bürgermeister zufrieden, aber er wird rumkutschiert wie der große Held - so wie wir es mit allen Politikern machen! Eigentlich sagen doch alle, dass "die größte Gefahr für dieses Land, seine Politiker sind" (!?), - aber das ist wieder eine andere Geschichte ... Ich mußte mir für Loisl etwas anderes einfallen lassen. Sebstbewußt verkündete ich Anja, Loisl heute einspännig vor die kleine Kutsche zu spannen. Ihre Reaktion war ernüchternd: "Gaanz schee mutig! Aba wart bitte, bis i mit da Julinka und´m Ferdinand weg bin!" Das war nicht gerade ermutigend für mich, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass Loisl das packt. Als Anja dann außer Sichtweite war, führte ich den komplett aufgeschirrten Burschen auf den Reitplatz und wiederholte mit ihm noch ein paar Lenkübungen vom Boden aus. Die kleine Kutsche hatten wir auf dem Reitplatz schon bereitgestellt. Ich führte Loisl hin und ließ ihn ausführlich daran schnuppern; besonders interessant fand er sie aber nicht. Ich buchsierte ihn vor die Kutsche und meine Frau hielt ihn fest. Nach einigem Hin und Her - mal war die Kruppe zu weit links, dann wieder zu weit rechts, - schafften wir es den relativ ruhig stehenden Burschen anzuspannen. Zur Sicherheit hatte meine Frau den Führstrick in die Postkandare eingehakt. Der Führstrick sollte für den "Fall der Fälle" als Notbremse dienen. Ich nahm die Leinen auf und hatte eine lange Peitsche in der Hand. Dann ging es los: Meine Frau links neben Loisl und ich links neben der Kutsche. Loisl war das ja fast gewohnt, hatte er doch schon oft den schweren Traktorreifen auf diese Weise gezogen. Nach einer guten Runde auf dem Platz hielten wir mit viel Lob und Streicheln an und ich setzte mich auf den Kutschbock. Das war der Moment der Wahrheit. Ich war ganz schön aufgeregt, aber vor allem war ich zum Absprung bereit! Auf das Kommando "Schiiiritt!" ging Loisl los. Er musste sich ganz schön in´s Geschirr legen. Der Sandplatz war sehr naß und die schmalen Reifen sanken tief in den Sand ein. Meine Frau hatte zwar den Führstrick noch in der Hand, ließ ihn aber lose durchhängen. Es war schon ein sehr erhabenes Gefühl für mich, von dem Kutschbock oben auf Loisls Rücken zu schaun und mich von meinem einst so "kleinen Fohlen" ziehen zu lassen.

einspännig

Erstes einspänniges Anspannen!


Fast durch den Zaun! - Doch nicht so einfach!

Zwei Wochen später, es waren gerade Herbstferien in Bayern, verbrachte ich mit der Familie ein paar schöne Tage auf dem Klingerhof. Gleich am Ankunftstag spannten wir Loisl auf dem Reitplatz einspännig vor die kleine Kutsche. Wie beim letzten mal, hatte meine Frau den Führstrick in die Postkandare eingehängt und ging neben Loisl her. Als der brav auf meine Kommandos und Leinenführung reagierte, hing sie den Führstrick ans Geschirr und ließ sich zurückfallen. Loisl wollte erst auf sie warten, da er ja gewohnt war, dass sie neben ihm herlief. Doch auf mein Kommando und eine sanfte Peitschenhilfe ging er brav weiter und drehte die Ohren zu mir nach hinten. Wieder war ich begeistert! Wir fuhren Achten, Kreise und Schlangenlinien - einfach super! Auf der langen Geraden trieb ich Loisl etwas mehr an und er verfiel in den Trab. Eigentlich wollte ich nur zu einem etwas schnelleren Schritt antreiben, ließ ihn aber im Trab. Ich glaubte zu spüren, dass das einwandfrei ginge, aber ich hatte mich getäuscht. Noch lobte ich ihn laut mit "Braaaav" und "Feiiin", dann war die Gerade zu ende und Loisl bog nach links ab. Dabei berührte er mit der Hinterhand die Gabel der Kutsche und erschrak so sehr, dass er losgaloppierte wie ein Wilder. Ich stand voll auf der Bremse der Kutsche und verkürzte die Leinen durch beherztes Nachfassen. Ich hing wirklich mit meinem ganzen Gewicht in den Leinen und schaffte dabei das ein oder andere "Haa_aaa_aalt!" herauszuprusten. Der Zaun kam näher und an ein gelenktes Linksabbiegen war nicht zu denken. Ich sah uns schon durch den Zaun galoppieren, als Loisl doch nachgab und sich einfangen ließ. Ich stellte ihn sofort gerade und ging mit "Schiiiritt" wieder los mit ihm. Mir war klar, dass ich jetzt auf keinen Fall aufhören durfte, auch wenn mir noch gehörig "die Düse ging". Loisl ging weiter als wäre nichts gewesen. Ich drehte mit viel Lob noch einige Kreise und Kurven mit ihm, erst dann beendete ich das Training. Loisl sah zufrieden aus. Wir lobten ihn und es gab auch sofort ein paar Gelberübenstücke als Leckerli. Auch wenn sich das auf der Kutsche sehr dramatisch angefühlt hatte, war das doch kein Weltuntergang, sondern eine lehrreiche Erfahrung für Pferd und Kutscher. Für den ersten Trab war das nicht mal schlecht! Eine der nächsten Lektionen musste es sein, mit Loisl ganz enge Kurven zu gehen, damit er sich an Berührungen mit der Gabel gewöhnte.

Loisl geht durch

Loisl geht durch!


Selbst zweispännig fahren, - echt cool!

Am nächsten Tag spannten wir Loisl und Julinka vor die größere Kutsche. Julinka war doch noch ein beträchtliches Teil schwerer als Loisl und sollte als "Bremsgewicht" gegen einen eventuell durchgehenden Loisl dienen. In erster Linie war sie aber der Lehrmeister für den unerfahrenen Loisl. Selbstverständlich und ruhig ließ sie sich einspannen und übertrug diese Gelassenheit auch auf Loisl. Ich setzte mich auf den Kutschbock und ließ meine Frau mit dem eingehakten Führstrick neben Loisl herlaufen. Eingriffe ihrerseits waren aber nicht nötig. Selbst über die kritische Kurve an der kleinen Holzbrücke ließ sich das ungleiche Gespann präzise lenken. Wir gingen noch ein ganzes Stück auf dem bekiesten Feldweg an der Autobahn entlang. LKW-Fahrer hupten und winkten zu uns herüber. Das Gespann muß wohl ein toller Anblick gewesen sein. Als wir in einer abgeernteten Wiese umdrehten, wollte Loisl, als der Kurvenäußere, anfangen zu traben, aber ich bremste ihn sofort ein. Scheinbar hatte die Kutsche zu wenig Ballast, denn Loisl zog das ganze Gewicht allein. Ständig musste ich Julinka antreiben damit ihre Zugstränge nicht total durchhingen. Wohlbehalten und mit einem sehr sicheren Gefühl kehrten wir zum Klingerhof zurück. Beim nächsten mal probieren wir das ohne Führstrick!

Zweispännige Kutschfahrt

Meine erste zweispännige Fahrt!


Einspännig - mit Lehrmeister!

Auch am nächsten Tag war uns Petrus hold und schickte die Sonne zwischen den Wolken hervor. Heute sollte Loisl zum ersten mal alleine eine Kutsche durchs Gelände, d.h. auf Nebenstraßen, ziehen. Loisls wilden Galopp auf dem Reitplatz hatte ich nur all zu gut im Gedächtnis und nahm daher Julinka als beruhigenden Lehrmeister mit. Meine Frau führte Julinka mit meiner Tochter im Sattel voraus. Natürlich wäre ein erfahrener Reiter auf Julinka genug gewesen, aber meine Frau reitet nicht und meine Tochter ist für Julinka schlichtweg noch zu klein. Ihre Beine reichen bei dem mächtigen Kaltblut nicht mal bis zur Hälfte des Bauchs. Die beiden haben sich die "Führungsarbeit" geteilt; meine Frau hat die Richtung vorgegeben und meine Tochter hat bei Bedarf gebremst. Loisl lief brav mit der Kutsche im Schlepp hinterher. Wir begegneten problemlos Hunden, Fußgängern und Radfahrern und auch die Kehrtwendung in der Wiese ging einwandfrei. Die Fahrt verlief unspektakulär und reibungslos, - na ja, wir waren schließlich nur im Schritt unterwegs ;-) . Mit viel Lob und Leckerlis entließen wir zwei zufriedene Pferde in den Offenstall. Nicht minder zufrieden waren "der Kutscher" und die Helfer, ohne die ein so einfühlsames Einfahren eines Pferdes nicht möglich wäre! - Danke Euch! -

Lehrmeister

Julinka als Lehrmeister




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